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Post aus Prag - Saisonende voraus

Dashing Home (li.) setzt sich in Prag gegen den Stallgefährten Zazou durch. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 392 vom Donnerstag, 05.11.2015

Am Samstag endet mit einem Hindernismeeting auf der Regionalbahn Kolesa bei Kladrub die Rennsaison in Tschechien, in der benachbarten Slowakei fiel der Vorhang bereits vor zwei Wochen. Die Rennbetriebe der zwei Länder, die bis 1992 den gemeinsamen Staat Tschechoslowakei bildeten, funktionieren auf unterschiedlicher Basis. In der Slowakei wird der Sport auch 26 Jahre nach der Wende noch vom Staat finanziert, hingegen in Tschechien sind die Rennbahnen schon lange in privaten Händen. Dieses Jahr gab es in Tschechien 62 Renntage auf zwölf Rennbahnen mit fast 50 Millionen Kronen (1,9 Millionen Euro) an Preisgeldern, der Rennbetrieb in der Slowakei umfasste 20 Renntage auf fünf Rennbahnen. Die Tschechen haben neben dem Derbymeeting und der Großen Pardubitzer zwei neue internationale Renntage mit dem European Jockeys‘ Cup und der „Prager Grand National“ geschaffen, Bratislava vertraute traditionell auf die bewährten Meetings „Turf Gala“ im Juni und dem Slowakischen Derby in Juli.

In den letzten Jahren gibt es aber zwischen den Nachbarländern, die im Turfbereich nach wie vor blendende Verhältnisse haben, noch einen Unterschied. Die Slowaken kaufen nach wie vor einen großen Anteil an Jährlingen und jungen Pferden in Deutschland, hingegen sind die tschechischen Ställe in letzter Zeit mehr aktiv in Irland und Frankreich. Auf beiden diesjährigen Jährlings-Auktionen in Baden Baden war die Kauflust der Slowaken um einiges größer und man kann diesen Trend auch mit der Liste der erfolgreichsten Pferde der Saison illustrieren.

In der Slowakei waren Pferde deutscher Zucht sowohl in der Spitzengruppe der Zwei- und Dreijährigen vertreten. Der vom Stall 5-Stars gezogene Royal Gino (It’s Gino) war Dritter im Preis des Winterfavoriten und konnte vorher auch den Großen Preis der BBAG in Bratislava gewinnen. Gut verkauften sich auch die im Gestüt Etzean geborene My Lilly (Lord Of England) und Miss Trout (Areion) aus der Zucht von Ursula Herberts. Im klassischen Jahrgang war Donatelli (Distant Music) vorne, allerdings war der vom Gestüt Helenenhof gezogene Hengst in den Farben des Stalles MPL Racing auch von Pech verfolgt. Nachdem er im Frühjahr eines von den klassischen Trials gewinnen konnte, wurde er in den Slowakischen 2000 Guineas knapp vom Tschechen Speed Machine (Naaqoos) geschlagen. Dazu kamen noch dritte Plätze im St. Leger, einem Listenrennen im polnischen Wroclaw und der fünfter Platz im Slowakischen Derby. Und es war auch in der Slowakei, wo dieses Jahr der einzige klassische Sieg eines deutsch gezogenen Pferdes in der Region gelungen war, als der im slowakischen Besitz und tschechischem Training gelaufene Ex-Auenqueller Oriental Sky (Tiger Hill) das St. Leger in Bratislava gewann.

Hingegen in Tschechien sind unter den Top 40 gewinnreichsten Pferden der Saison 2015 nur drei Pferde deutscher Abstammung. Neben dem genannten Oriental Sky, der Zweiter im Prager Derby war, handelt es sich vor allem um den dreijährigen Dashing Home (Dashing Blade). Der von Birgitta und Bernhard Matusche gezogene Hengst gewann in seinem ersten tschechischen Start ein großes Sprintrennen im Stil „überlegen 7“. Der Trainer Arslangirej Savujev setzte ihn in der zweiten Hälfte der Saison vermehrt auf den Distanzen 1400 – 1600 Meter ein und wurde dafür Ende September belohnt, als Dashing Home in leichter Manier das 60 000 Euro-Rennen im Rahmen des European Jockeys‘ Cups gewinnen konnte. Vor allem in Frankreich war der fünfjährige Glorioso (Areion) aus der Zucht von Patrick Schniepp unterwegs, der für Trainer Václav Luka Platzierungen in Chantilly, Longchamp, Deauville und Compiegne holte.

Deutlich weniger deutsche Pferde gibt es zur Zeit auch in tschechischen und slowakischen Hindernisrennen, wo man nur einen richtigen Star nennen kann – den von Joachim Erhardt gezogenen Universe Of Gracie (Pentire). Im Training von Jirí Kousek brachte es der zehnjährige Wallach zum zweiten Mal in Folge zu einem vierten Platz in der Großen Pardubitzer. Man traute dem Frontrunner noch mehr zu, aber das Rennen wurde im Rekordtempo gelaufen und am Ende konnte Universe Of Gracie nicht mehr beschleunigen. Mehr deutsche Stars auf den Hindernissen gibt es zur Zeit aber nicht.

Den aktuellen Trend konnte man sehr gut auch auf der Besetzung der zwei gelaufenen BBAG-Rennen sehen. In Bratislava gab es Mitte September den Großen Preis der BBAG für zweijährige Pferde, der traditionell ein internationales Feld anlockte und von den acht Startern mischte ein großer Teil in der Jahrgangsspitze des Landes mit. Hingegen im tschechischen Karlsbad gab es in einem BBAG-Rennen für Dreijährige und ältere in August gerade nur vier Starter.

Martin Cáp

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