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Cheltenham 2024 - die ersten Tage

Zu trinken gab es auch etwas in Cheltenham. www.galoppfoto.de - JJ Clark

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 808 vom Freitag, 15.03.2024

Wer geglaubt hatte, die irischen Gäste würden sich an den ersten Tagen beim Cheltenham Festival nicht an den vorgegebenen Fahrplan halten, der eine komplette Dominanz vorsah, der sah sich getäuscht. Willie Mullins und Co, beherrschten die Szenerie von Beginn an, den Gastgebern blieb es vorbehalten, in den nicht ganz so wichtigen Rennen vorne zu sein. Besonders heftig erwischte es Top-Trainer Nicky Henderson, aus dessen Aufgebot am Dienstag gleich fünf Pferde angehalten wurde und der als Konsequenz an den Folgetagen gleich mehrere chancenreiche Kandidaten strich - offensichtlich ist im Stall irgendetwas nicht in Ordnung. 

Was von Willie Mullins Team nun wirklich nicht gesagt werden konnte. Der 67jährige hat gefühlt seinen halben Stall über die Irische See geschickt, theoretisch hätte er an den ersten beiden Festival-Tagen jedes Rennen gewinnen können, schließlich hatte er in jedem mindestens einen Starter. Immerhin wurden es sechs, wobei es am Dienstag vor exakt 60.181 Zuschauern mit drei Gr. I-Siegen gut genug los ging. Nur im ersten Rennen gab es einen kleinen Hakler, als im Supreme Novices’ Hurdle (Gr. I) seine fünf Starter nur Platzgelder eingaloppierten, der Sieger mit Slade Steel (Telescope) unter Rachael Blackmore aber trotzdem aus Irland kam, aus dem Stall von Trainer Henri de Bromhead. 

Doch schon im zweiten Rennen des Festivals war der Mullins-Schützling Gaelic Warrior (Maxios) nicht zu schlagen. Der enigmatische Wallach hatte beim Start zuvor in Leopardstown eine ziemlich desaströse Vorstellung gegeben, als er in einem Zwei-Rennen am finalen Sprung zu Fall kam, zu diesem Zeitpunkt aber bereits restlos geschlagen war. Diesmal war er mit Ohrenschützern ausgerüstet, was offensichtlich eine positive Wirkung hatte, auch wenn er sich nach dem Rennen im Absattelring wieder reichlich ungebärdig zeigte. Sein Sieg, sein siebter beim 13. Start, war letztlich eine souveräne Angelegenheit. Pierre Boulard hatte ihn bei der BBAG für gerade einmal 9.000 Euro ersteigert. “Gefallen hatten mir damals sein Pedigree und natürlich seine Optik”, erklärte er in Cheltenham gegenüber dem Kollegen vom “Jour du Galop”, “es war klar, dass es ein spätes Pferd werden würde.” Er war zunächst im Langeneste/Macaire-Stall, wechselte dann nach Irland, jetzt war es sein dritter Gr. I-Sieg. Für den im Castle Hyde Stud in Irland stehenden Maxios (Monsun) war es nach Quilixios der zweite Nachkomme, der ein Gr. I-Rennen über Sprünge gewinnen konnte. Dieser startete auch am Dienstag, blieb aber 39 Längen hinter Gaelic Warrior als Achter chancenlos. Das Pedigree des Siegers haben wir nachfolgend angeführt. 

Weitere Sieger von Willie Mullins an diesem Tag waren State Man (Doctor Dino) und Lossiemouth (Great Pretender), die beide als heiße Favoriten angetreten waren. State Man war in Abwesenheit des Top-Hürdlers Constitution Hill (Blue Bresil) im Champion Hurdle (Gr. I) nicht zu schlagen, auch wenn es in einem in der Breite sicher nicht ganz so stark besetzten Rennen ein besserer Arbeitssieg war. Lossiemouth hatte gleichfalls keine größeren Probleme, um das Mares Hurdle (Gr. I) über 4000 Meter zu gewinnen. Die Stute soll im kommenden Jahr gezielt auf das Champion Hurdle (Gr. I) trainiert werden. Bei acht Starts hat sie bisher siebenmal gewonnen, ein zunächst geplanter Start in einigen Wochen in Auteuil wurde jetzt wieder gestrichen. 

Der Coup des Ittlingers

Lark in the Mornin (Soldier Hollow) war in den vergangenen Wochen bei den Buchmachern für einen Sieg im Boodles Juvenile Hurdle Handicap - es ist das frühere “Fred Winter” - stark gewettet worden. Doch am Dienstag war er relativ schwach im Wettmarkt, startete unter J J Slevin zum Kurs von 9:1. Der schwere Boden schien nicht mehr passend zu sein, Trainer Joseph O’Brien hatte sogar kurz überlegt, das Pferd zu streichen. Das störte den Vierjährigen letztlich aber nicht, er gab nach 3300 Metern 21 Gegnern das Nachsehen. Bei der BBAG-Jährlingsauktion hatte es das irische Powerstown Stud von Tom Whitehead für 28.000 Euro gekauft, ganz sicher noch nicht mit dem Blick auf den Hindernissport. Die Pinhooker schickten ihn ein Jahr später in Newmarket bei der Guineas Breeze Up-Sale von Tattersalls in den Ring und erzielte ein sattes Plus: Für 130.000gns. ging er über Blandford Bloodstock nach Irland, gewann noch im gleichen Jahr über 1600 Meter in Listowel. Nach einem vierten Platz dreijährig wurde er gelegt und dann sehr behutsam in Maiden-Hürdenrennen an den Sport über Sprünge herangeführt - man hatte einen Plan, der in Cheltenham aufging. 

Der Wallach ist der zweite Nachkomme der zweifachen Siegerin Loyalty (Lando), deren Erstling Lonia (Acclamation) gewonnen hat, sie steht im Besitz des Gestüts Ohlerweiherhof. Dreijährig ist in Ittlinger Besitz bei Trainer Marcel Weiß Loreen (Best Solution). Loyalty ist Schwester des Derbysiegers und Deckhengstes Lucky Speed (Silvano). 

Der Jubiläumssieger von Willie Mullins

Drei Sieger sattelte Mullins auch am Dienstag, wobei im abschließenden National Hunt-Flachrennen Jasmin de Vaux (Tirwanako) den 100. Festival-Sieger des Trainers markierte. Trotzdem gingen nicht alle Träume in Erfüllung, denn ausgerechnet der 2:9-Favorit El Fabiolo (Spanish Moon) patzte in der Queen Mother Champion Chase (Gr. I) über 3200 Meter. Nach einem schweren Fehler am fünften Hindernis hielt ihn Jockey Paul Townend vorsichtshalber an. Der Sieg ging trotzdem nach Irland, durch den von Henry de Bromhead trainierten und von Rachael Blackmore gerittenen Captain Guinness (Arakan), einen routinierten Springer, der vergangenes Jahr in diesem Jahr Zweiter geworden war. 

In den ersten beiden Rennen des Tages waren Mullins-Pferde nicht zu schlagen. Zum Auftakt gewann der Favorit Ballyburn (Flemensfirth) wie ein zukünftiger Superstar das Gallagher Novices’ Hurdle (Gr. I), wobei Paul Townend im Sattel nicht die geringsten Probleme hatte. Sieben Pferde liefen, die ersten fünf Plätze belegten Schützlinge von Willie Mullins. Rund 40 Minuten später ging auch die Brown Advisory Novices Chase (Gr. I) über weite 5000 Meter durch Fact File (Poliglote) an einen Vertreter des irischen Championtrainers. 

Dass es für die Gastgeber nicht ganz so peinlich wurde, lag an den Skelton-Brüdern. Trainer Dan und Jockey Harry gewannen mit Langer Dan (Ocovango) und Unexpected Party (Martaline) die beiden Handicaps des Tages. Auf ein Rennen musste jedoch verzichtet werden. Das Cross Country-Jagdrennen wurde ersatzlos gestrichen, da Teile der Bahn im Innenbereich unter Wasser standen. 

Tragische Momente sollten nicht verschwiegen werden, am Dienstag wurden zwei Todesfälle kommuniziert. So kollabierte der elf Jahre alte Highland Hunter in einem Jagd-Handicap. Noch eine Woche zuvor hatte er den Trauerzug des bei einem Pont-to-Point-Rennen zu Tode gekommenen Reiters Keagan Kirkby angeführt - es war dessen Lieblingspferd. Und in dem von Lark in the Morning gewonnenen Hürdenrennen fiel der ebenfalls in den Mulryan-Farben laufende Ose Partir am vierten Hindernis und konnte nicht gerettet werden. 

Am Freitag steht mit dem Cheltenham Gold Cup (Gr. I) das Highlight des glamourösen Meetings an, es könnte dann zur absoluten Krönung für Mullins werden. Denn mit Galopin des Champs (Timos), dem Vorjahressieger, stellt er unter Paul Townend den klaren Favoriten. Auch hier gibt es durch den vom Gestüt Etzean gezogenen Timos (Sholokhov) als Vater des Klassesteeplers eine deutsche Komponente. 

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