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Wenn Pferde in der Box festliegen...

Eine Anti-Cast Leiste in einem Shadwell-Gestüt. Foto: Screenshot

Autor: 

Josef Soppa

TurfTimes: 

Ausgabe 814 vom Freitag, 26.04.2024

Im letzten Jahr wurde der im Preis des Winterfavoriten (Gr. III) favorisierte Karlshofer Maigret (Counterattack) am Morgen des Rennens zum Nichtstarter erklärt. Über Nacht hatte sich der noch ungeschlagene Hengst in seiner Box festgelegt. Zunächst noch angedachte alternative Startmöglichkeiten einige Wochen später ließen sich für den Zweijährigen nicht realisieren, da Maigret laut Trainer Bohumil Nedorostek gute zwei Wochen nicht gearbeitet werden konnte.

Ist es schon bitter ein solches Rennen durch unglückliche Umstände auslassen zu müssen, so trifft dies erst recht für das Rennen der Rennen für einen Dreijährigen zu. Der von Francis-Henri Graffard in Chantilly für das Gestüt Schlenderhan trainierte Martial Eagle war 2021 einer der Mitfavoriten für das Deutsche Derby (Gr. I). Doch etwa zwei Wochen vor dem Blauen Band am ersten Juli-Sonntag hieß es, dass der Adlerflug-Sohn nicht laufen wird, da er in der Box festgelegen hat. Zunächst nicht gravierend eingeschätzt, hatte Martial Eagle seinen nächsten Start erst Mitte Oktober.

Man spricht von festliegen, wenn ein Pferd von alleine ohne Hilfe nicht wieder aufstehen kann. In solch eine missliche Lage kann sich ein Pferd in der Box etwa durch Wälzen bringen, wenn es mit den Beinen zu dicht an eine Wand gerät. Bei den vergeblichen Versuchen aufzustehen kann das Pferd in Panik geraten und sich Verletzungen zuziehen.

Einem festliegenden Pferd kann eine Hilfestellung geboten werden, indem Leisten an der Boxenwand angebracht werden, an denen die Hufe Halt finden und sich das Pferd von der Wand abstoßen kann. Das von Scheich Hamdan Al Maktoum gegründete Shadwell Stud nutzt für diesen Zweck PVC-Leisten, die ursprünglich für den maritimen Bereich konzipiert wurden. Die zunächst hierfür verwendeten Holzlatten hat Shadwell vor Jahren durch Schienen aus dem genannten Kunststoff ersetzt, um das Risiko zusätzlicher Verletzungen durch Splittern von Holz auszuschließen. Es gibt auch Anbieter von speziellen „Anti-Cast Strips" aus einem weichen, gummiartigen Kunststoff. Empfohlen wird eine Anbringung der Leiste in einer Höhe von 1,0 bis 1,3 Meter vom Boxenboden. Orientierung hierfür bieten auch vorhandene Kratzspuren an der Wand, die ein festliegendes Pferd hinterlässt.

Die führende australische Auktionsgesellschaft William Inglis & Son Ltd hat ihre Boxen auf dem Auktionsgelände mit Anti-Cast Leisten ausgestattet, wie hier anlässlich des Rekordverkaufs der Jährlingsstute aus der Winx zu sehen ist.

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Godolphins klassische Hoffnung Naval Power (Teofilo) wurde im April letzten Jahres von Trainer Charlie Appleby einen Tag vor dem geplanten Start in den Craven Stakes (Gr. III) in Newmarket zum Nichtstarter erklärt, da er in der Box festgelegen hatte. Vom Trainer wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass man mit dem Hengst nun die Dante Stakes (Gr. II) einen Monat später ansteuert. Daraus wurde nichts und Ende Mai war der Dreijährige auch kein Hengst mehr. Auf einer Rennbahn gesichtet wurde Naval Power erst wieder Ende Februar diesen Jahres, als er sich nach der langen Pause mit einem Sieg in den Singspiel Stakes (Gr. II) in Meydan eindrucksvoll zurückmeldete.

Grangeclare West (Presenting), als Point-to-Pointer vom Cheveley Park Stud für 430.000 Pfund auf einer Auktion erworben, ist für Hindernistrainer Willie Mullins über die schweren Sprünge, u.a. auf Gr. I-Niveau, noch ungeschlagen. Anfang Februar diesen Jahres sollte er in der Ladbrokes Novice Chase (Gr. I) in Leopardstown antreten. Doch am Renntag wurde der acht Jahre alte Wallach zum Nichtstarter erklärt, nachdem er morgens in der Box festliegend vorgefunden wurde. Ein weiterer Start in der laufenden National Hunt-Saison wurde nach Verdacht auf Beckenfissur ausgeschlossen.

Weitaus tragischer war in diesem Jahr der Ausgang nach Festliegen in der Box für zwei Gr. I-Siegerinnen, die aufgrund der Schwere der erlittenen Verletzungen bei ihren Aufstehversuchen ihr Leben verloren. Stuten dieses Kalibers haben, auf einer Auktion angeboten, einen Wert von mehreren Millionen Pfund bzw. Dollar.

Die Stute Highfield Princess (Night of Thunder) zeigte in den Rennfarben ihres Züchters auf der Rennbahn eine unglaubliche Steigerung von einem Sieg als Dreijährige in einem Handicap der untersten Kategorie im schottischen Ayr bis zur viermaligen Gr. I-Siegerin. Im Alter von fünf Jahren gewann sie innerhalb von 36 Tagen drei Toplevel-Sprints in drei verschiedenen Ländern, den Prix Maurice de Gheest in Deauville, die Nunthorpe Stakes in York und die Flying Five Stakes auf dem Curragh. Im Jahr danach kam noch der Prix de l'Abbaye de Longchamp (Gr. I) hinzu. Die von John Quinn trainierte Stute blieb auch in diesem Jahr, siebenjährig im Rennstall als Mitte März bekannt wurde, dass Highfield Princess nach Festliegen in der Box keine Rennen mehr bestreiten wird. Gut eine Woche später starb der „Stolz von Yorkshire" nach einer bei dem Vorfall erlittenen, nicht operierbaren Fraktur eines Hinterbeins.

Nach drei Gr. I-Siegen, u.a. im Breeders' Cup Juvenile Fillies, war Echo Zulu (Gun Runner), trainiert von Steve Asmussen, 2021 Champion-Zweijährige in den USA. Mitte letzten Jahres fügte die im Besitz von L and N Racing und Winchell Thoroughbreds stehende Stute ihrem Rennrekord einen weiteren Erfolg auf höchster Ebene hinzu. Im Oktober zog sich Echo Zulu im Training eine Fraktur zu, die eine Operation notwendig machte. Noch nicht transportfähig befand sich die Fünfjährige nahezu vier Monate in einer Pferdeklinik als sie sich in ihrer Box festlegte. Eine weitere Fraktur am operierten Bein und eine Verschlimmerung der Verletzung durch die Aufstehversuche ließen keine andere Wahl als Echo Zulu einzuschläfern.

Josef Soppa

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