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David Elsworth macht Schluss

David Elsworth. www.galoppfoto.de - JJ Clark

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 699 vom Freitag, 17.12.2021

Das Rentenalter hatte er längt überschritten, aber gesellschaftliche Schranken waren für ihn weder Grund noch Hindernis. Im Alter von 82 Jahren, und nur wenige Tage nach seinem Geburtstag am 12.Dezember, gab David Raymond Cecil Elsworth seinen Rückzug aus dem Trainingslager bekannt. Mit ihm geht einer der dienstältesten Trainer der Insel, und eine Legende dazu. Vor einigen Wochen erst hatte er den renommierten „Cartier Award of Merit“ erhalten; die Auszeichnung einer Jury für eine Person, die sich entweder im vergangenen Jahr oder zu Lebzeiten besonders um den Europäischen Rennsport verdient gemacht hat.

Es ist schade, dass junge Rennsportfans mit seinem Namen nicht mehr ganz so viel anfangen können, zuletzt war es deutlich ruhiger in der Karriere des 1939 geborenen Elsworth geworden, der seit 1978 eine Trainerlizenz hielt. Als letzte große Erfolge verzeichnet die Datenbank Gruppe-Siege von Sir Dancelot im Jahr 2019. Es war das letzte Aufblitzen einer einzigartigen Karriere, die aus dem unehelich geborenen Elsworth einen der größten „dual-purpose“ (Flach- und Hindernisrennen)-Trainer Englands machte, sein Name war Synonym für zwei der größten Rennpferde des Sports: der weißen Legend Desert Orchid, und dem großen mächtigen Fuchs Persian Punch.

Über „Dessie“ wurden Bücher geschrieben; der Schimmel, u.a. vierfacher King George IV Chase und Cheltenham Gold-Sieger des Jahres 1989, war ein Publikumsliebling, der lange nach seiner aktiven Karriere die Fans mit Supermarkteröffnungen und Fernsehauftritten begeisterte (Dessie starb im Jahr 2006, 27jährig, in seiner Box bei Elsworth). Und Persian Punch, der große Steher in den Farben von Jeff Smith; bis ins hohe Alter von zehn Jahren in Gruppe-Rennen siegreich, von denen er 13 gewann und zweimal den Cartier Award als bester Steher des Landes erhielt und dessen Statue heute die Rennbahn der Rowley Mile in Newmarkt ziert.

In früheren Jahren war Elsworth im Hindernissport hocherfolgreich, und große Namen wie Floyd, Rhyme ´N´Reason (1988 Grand National) und Barnbrook Again stehen neben Dessie für die hohe Qualität seiner Pferde in dieser Sphäre. Beinahe zeitgleich jedoch trainierte er den Sprinter Indian Ridge, u.a. zweifacher Royal Ascot-Sieger unter Steve Cauthen und Cash Asmussen, die Stuten Dead Certain und natürlich In the Groove, mit der er 1990 die Irish 1000 Guineas gewann, im Sattel ebenfalls Steve Cauthen.

Er ist somit einer der wenigen Trainer, der neben dem Grand National einen klassischen Sieger auf der Flachen trainierte. Nachdem sich Elsworth, der in einer Sozialbausiedlung aufwuchs und sich aus kleinsten Anfängen eigenhändig nach oben arbeitete, jahrzehntelang von seiner legendären Trainingsanlage Whitsbury (Hampshire) trainierte – hier feierte er seine größten Erfolge – zog er 2006 recht spektakulär nach Newmarket um und wurde im Egerton House Stables, gleich neben dem Englischen Nationalgestüt gelegen, ansässig. Die historische Anlage – 1891 gebaut und unter Denkmalschutz stehend – war von Anfang an ein „Brocken“, den nur wenige Trainer hätten stemmen können; immerhin trainierte Elsworth von hier aus Arabian Queen für ihren Sensationssieg über Golden Horn in den 2015 Juddmonte International zu York, Elsworth´ letztem Gruppe 1-Erfolg. Als 50-1 Außenseiterin kam die Stute, wie Persian Punch in den violetten Farben von Jeff Smith, zum Zuge; ein Sieg, der Elsworth überwältigte und sein Temperament zum Überlaufen brachte. Er weigerte sich, mit Journalisten zu sprechen („Ihr wolltet vorher auch nicht mit mir reden und habt gedacht, ich habe sie nicht alle, hier zu laufen!“) und erschien nicht bei der Siegerehrung. Dies war Elsworth, wie er leibte und lebte – ein begnadeter Pferdemann, dem Menschen eher suspekt waren, und die gerne die schwierige Seite seines Charakters abbekamen. „Cranky“ umschrieb ihn die englische Presse, schrullig, verschroben, eigenbrötlerisch.

Zum Schluß wurde es ruhiger um Elsworth, auch er beruhige sich. Es war seit einiger Zeit ein offenes Geheimnis, dass der Ruhestand unmittelbar bevorstand; in mehreren großen Interviews blickte er versöhnlich auf seine große Karriere zurück. „Wenn die Party vorbei ist, muss man gehen“ erklärte er Mitte der Woche. Seinen letzten Starter hatte Elsworth bereits am 24. November trainiert, der Wallach Tropical Talent in den Farben von Jeff Smith. „Ich wollte die losen Enden verknüpfen, bevor ich es offiziell mache“ so Elsworth, und „ich wollte leise gehen. Ich glaube auch nicht, dass es eine große Sache ist, aber ich habe keine Pferde und mehr, werde meine Lizenz nicht erneuern, also kann man wohl sagen, dass ich im Ruhestand bin.“

Ein leiser Abgang eines großen Trainers, dessen Pferde über Jahrzehnte umso lauter für ihn sprachen. Das Ende einer Ära.

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