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Cheltenham - die ersten drei Meetings-Tage

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 256 vom Donnerstag, 14.03.2013

Man kann es drehen und wenden wie man möchte, Cheltenham ist "das" Highlight einer jeden NH-Saison in England und Irland; das eine Meeting, das jeder Trainer, Jockey und Besitzer – zusammen mit den Fans und Zockern – alljährlich sehnsüchtig erwartet. Dabei begann alles etwas zögerlich und – kalt. Die seit Tagen eingedeckte Rennbahn musste sich am Eröffnungstag neben eisigen Temperaturen auch noch eines Schneesturms erwehren; nach einer Überprüfung begannen die Rennen dann mit einer halbstündigen Verspätung. Aber dann war er endlich da, der Moment, in dem sich die Bänder zum ersten Rennen des Meetings endlich hoben, Pferde und Jockeys dem „Cheltenham Roar“ (auf dessen Dezibel-Zahl einige Buchmacher Wetten annehmen!) entgegen ritten. Gleich im ersten Rennen – der Grade 1-Supreme Novice Hurdle – gab es einen heißen Favoriten, JP McManus' My Tent or Yours, den AP McCoy im Vorfeld als seinen chancenreichsten Ritt des Meetings bezeichnet hatte. Beide waren am letzten Sprung zur Stelle, und alles sah nach einem Sieg des Favoriten aus, aber man hatte die Rechnung ohne den Frontrenner Champagne Fever aus dem Willie Mullins-Stall gemacht. Von Ruby Walsh meisterhaft von der Spitze aus gesteuert, war der Schimmel – im letzen Jahr Sieger im Champion Bumper -  nicht in der Stimmung, aufzugeben, und kämpfte sich zu einem gefeierten Sieg für den neben McCoy populärsten Jockey der Sphäre nach Hause. Rubys Grinsen verriet auch viel von der Erleichterung, wie er im Interview auch sofort betonte: „ Nun ist der Druck weg.“

Nicht nur war der Druck weg, der Sieg setzte auch den Auftakt für einen Traumtag für das Team Mullins-Walsh, die den ersten Tag des Meetings – erst kürzlich in einer Umfrage zum beliebtesten Renntag des Jahres in England und Irland gewählt - mit drei Siegen beherrschten. Der kleine, aber so wundersame Hurricane Fly – „der Käpt’n des Teams“ wie Wille Mullins ihn bezeichnete, holte sich nach seiner Niederlage im letzten Jahr die Champion Hurdle Krone zurück – dem ersten Pferd seit Comedy of Errors  in den 70iger Jahren, dem dies gelang. „Dies zeigt seine wahre Klasse, er ist ein Star“ strahle Walsh „ er ging nie richtig gut, ich musste früh schieben und war dann bestimmt 400 Meter zu früh in Front, aber er ist halt so ein gutes Pferd.“ „Statistiken interessieren uns nicht“ ergänzte Willie Mullins, „vom Moment, als er nach dem Sommer wieder in den Rennstall kam, war er einfach ein anderes Pferd als im letzten Jahr, und alles ist seitdem glatt gelaufen. Ich wusste, kann ich ihn in dieser Form hierher bringen, hat er eine Riesenchance.“ Der Montjeu-Sohn verwies Vorjahressieger Rock on Ruby, der erstmalig in Scheuklappen lief und ein strammes Tempo setzte – der Boden hatte allen Unbillen gut stand gehalten und notierte weich, gut-weich – und Countrywide Flame auf die Plätze.

Sieg Nr. 3 kam dann in Form der wunderbaren Quevega, die seit April 2012 nicht mehr gelaufen war und traditionell aus ihrer langen Pause kam. Die Stute gewann „ihr“ Rennen – die Grade 2 OLBG  Mares Hurdle – nun zum fünften Mal in Folge, nur Golden Miller in den 30iger Jahren war diese Wunderleistung zuvor gelungen. Ein wenig musste sie dieses Mal für ihren Erfolg sogar kämpfen, nachdem sie im Rennen einen ordentlichen Rempler, der Ruby Walsh auf den Hals beförderte, hinnehmen musste. „Sie ist so ein spezielles Pferd, was soll man da sagen? Der Rekord spricht für sich selber. Wenn man ein Pferd hat, das gut genug ist, ein Rennen in Cheltenham zu gewinnen, muss man es ihm so leicht wie möglichmachen.“ so Mullins, der damit auf Spekulationen in der Presse anspielte, Quevega könne nach dem Ausfall von Big Buck's in der World Hurdle laufen.

Nicky Henderson, der im Vorjahr mit sieben Siegen das Meeting beherrscht hatte und mit einer Fülle chancenreicher Pferde anreiste, konnte seine Nerven beruhigen, als mit Simonsig (sein Name wird im Übrigen Simmon-sig ausgesprochen) einer seiner beiden "Banker" des Meetings mit einem Arbeitssieg ablieferte. Vom Rennverlauf wohl nicht begünstigt, machte der beeindruckende Schimmel einige Fehler und musste sogar ein wenig kämpfen, gewann aber letztendlich sicher. 

Der zweite Meetings-Tag

Nicky Henderson gewann auch mit seinem andren "sicheren" Sieger, dem atemberaubenden Sprinter Sacre am zweiten Tag in der Queen Mother Champion Chase. Sprinter Sacre, ein Network-Sohn, über den wir hier schon viel berichtet haben, gewann nicht nur, er zerstörte ein gutklassiges Feld und ließ mit Sizing Europe, dessen Trainer sich nach langen Überlegungen entschlossen hatte, hier zu laufen, einen ehemaligen Champion Chaser 19 Längen hinter sich. Superlative reichen kaum aus, diesen mächtigen, fast schwarzen Wallach zu beschreiben, der die großen Sprünge mit spielerischer Leichtigkeit überwindet und erneut scheinbar am Gebiss gewann. Von der Presse der "Frankel, der Chaser" oder gar schon Usain Bolt betitelt, könnte und sollte er diese Division, so er denn gesund bleibt, über Jahre beherrschen. Kurzfristiger könnte es nun in Punchestown weitergehen.

Willie Mullins, der bisher fast alleine für die irischen Siege verantwortlich zeigte, gewann mit Back in Focus (National Hunt Chase) und Briar Hill (Champion Bumper) auch am zweiten Tag zwei Rennen, beide liefen in den Graham und Andrea Wylie-Farben, die nach der, wenn auch erzwungenen Trennung von Howard Johnston ihre Pferde vor allem zwischen Paul Nicholls und Willie Mullins aufgeteilt haben und seitdem von Erfolg zu Erfolg eilen. Geschlagen war Mullins allerdings mit Pont Alexandre (s. auch: Deutsche Akzente in Cheltenham), er musste sich  „dem besten Pferd, das ich je trainiert habe“, The New One aus dem Stall von Nigel Twiston-Davies geschlagen geben. Golden Chieftain gewann ein schweres Handicap für Colin Tizzard und den jungen Brendan Powell, in dem Monkerty Tunkerty einen ausgezeichneten siebten Platz belegten und Jessica Westwood sogar ein Interview mit dem BBC einbrachten (s. auch: Jessica und Monkey - zwei Underdogs in Cheltenham.

Seinen ersten Sieger als Trainer errang auch Jim Culloty, der als Jockey seinerzeit mit dem unvergessenen Best Mate drei Gold Cups in Folge gewinnen konnte. Sein Lord Windermere gewann die RSA Chase, den Gold Cup für Novices, in gutem Stil unter Davy Russell, nun träumt man natürlich vom  „echten“ Gold Cup im nächsten Jahr.

Der dritte Meetings-Tag

Neben der Ryanair Chase war die Wold Hurdle der Höhepunkt des dritten Tages, ein Rennen, welches nach dem Ausfall von Big Bucks offen wie selten zuvor war. Favorit – und am Start stark gewettet- war Oscar Whisky aus dem Henderson-Stall, doch sein schon vorher zweifelhaftes Stehvermögen für diesen Trip machte frühzeitig jede Hoffnung auf einen Wett-Coup zunichte. Es gewann – für Irland, mit einem französischen Suffix, tatsächlich aber sehr deutsch gezogen – der fragile, aber so hochklassige Solwhit (Charles Byrnes – Paul Carberry), der nach einem typischen geduldigen Carberry-Ritt am Ende gegen den Riesen-Außenseiter Celestial Halo (Paul Nicholls-Daryl Jacobs) und Smad Place den längsten Atem hatte und mit gespitzten Ohren sehr sicher gewann. Solwhit, obwohl in Frankreich gezogen, ist ein Solon-Sohn aus der eisenharten Toowhit Towhee (Lucky Story), die ihrerzeit für  das Gestüt Sybille von Uwe Stoltefuß trainiert wurde. Auf der Flachen zwar siegreich, vertrat Toowhit Towhee Listen-Klasse und gewann acht Rennen, darunter das Hauptjagdrennen der Vierjährigen und eine große Prüfung während der Derby-Woche in Hamburg. Solwhit hatte sich im Januar nach einer  Zwangspause mit einer leichten Sehnenverletzung mit einem Sieg erfolgreich zurückgemeldet und war seitdem für dieses Rennen frisch gehalten worden.

Die Ryanair Chase ging an den Favoriten gut gewetteten Cue Card, der Start-Ziel unter seinem Jockey Joe Tizzard die Konkurrenz sicher im Griff hatte und mit First Lieutenant das Pferd von Ryanair –Boss Michael O'Leary leicht auf Platz Zwei verwies. O'Learys Stalljockey Davy Russell musste nach dem ersten Rennen des Tages alle weiteren Ritte aufgegeben, nachdem Ärzte bei ihm eine spontane Punktierung der Lunge diagnostiziert hatten.

Catrin Nack

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