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Neue Deckhengste in Tschechien: Meandre, Shamalgan und Co.

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 452 vom Donnerstag, 26.01.2017

Es passiert nicht gerade oft, dass die Racing Post über einen Deckhengst berichtet, der sein Zuchtdebüt in Tschechien gibt. Die Zucht in diesem Land ist relativ klein und hat in den letzten Jahren mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. In Böhmen und Mähren stehen derzeit etwa 30 Deckhengste und ungefähr 350 Mutterstuten, es gibt eine Handvoll von Gestüten, wenige größere Besitzer und viele kleine Privatzüchter. In letzter Zeit sind aber auf diesem Gebiet immer wieder positive Signale zu spüren und vor der Decksaison 2017 gibt es einige interessante Debütanten unter den Deckhengsten zu vermelden, die auch Aufmerksamkeit außerhalb Tschechiens verdienen.

Das Traditionsgestüt Napajedla, 1886 von Aristide Baltazzi unweit der mährischen Stadt Zlín gegründet, spielte in der Entwicklung der tschechischen Zucht immer eine entscheidende Rolle. In der Vergangenheit geschah das immer wieder auch mit starken deutschen Akzenten. Noch in den Zeiten der Gründerfamilie deckten im „böhmischen Kisbér“ drei deutsche Derbysieger (Stronzian, Zsupán, Con Amore). Später standen hier teilweise mit großem Erfolg Hengste aus Waldfried (Gradivo, Ossian), Schlenderhan (Wallenstein, Berggeist, Anno) und Ravensberg (Waidwerk,Wiesenklee). Mit über 40 gezogenen Prager Derbysiegern genießt Napajedla historisch eine kaum zu überbietende Position, aber nach der Privatisierung in den 90er Jahren kamen schwere Zeiten und die Reduktion des Pferdebestandes. In den letzten zwei Jahren kam es aber zur Konsolidierung und zahlreichen Erwerbungen von neuen Mutterstuten. Aktuell werden in Napajedla sieben Deckhengste stehen. Zu den bewährten Größen zählt der zweimalige Hansa Preis-Sieger Egerton (Groom Dancer) aus eigenem Besitz, der letztes Jahr seine Bilanz um einige herausragende Hindernispferde bereicherte, allen voraus den ungarischen Seriensieger und zweiten im Gran Corsa Siepi di Milano (Gr. I) Diplomata.

Ein prominenter Neuzugang ist der international bestens bekannte Schimmel Meandre (Slickly). Der viermalige Gr. I-Sieger aus der Rothschild-Zucht mischte bis ins hohe Alter auf Blacktype-Ebene mit und beendete letztes Jahr mit acht Siegen bei 43 Starts und einem Gesamtgewinn von 1,37 Millionen Euro seine Rennkarriere. Dreijährig war er im Grand Prix de Paris erfolgreich, vierjährig holte er Siege im Grand Prix de Saint-Cloud und im Großen Preis von Berlin. Danach wurde er vom tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrov gekauft und wechselte von André Fabre zu Arslangirej Savujev nach Tschechien. In den neuen Farben gewann er den Preis von Europa, im Dubai World Cup wurde er Sechster. Später hatte man sich die ursprünglich als Priorität gesehene Winteraufenthalte in Dubai überlegt und Meandre blieb bei Savujev, für den er noch 8-jährig den Großen Preis der Slowakei gewonnen hatte und Vierter im Prix Maurice de Nieuil (Gr. II) war. Dies wurde durch einen Verkauf an den russischen Besitzer Said Shaptukayev ermöglicht, weshalb den Hengst das Schicksal der anderen Kadyrow-Pferde nicht teilte. Meandre wird in Napajedla für umgerechnet ca. 900 Euro decken.

Meandre ist nicht das einzige Aushängeschild des tschechischen Turfs, das seine Zuchtkarriere beginnt. Im mährischen Gestüt Strelice steht mit derselben Decktaxe ein weiterer Gr.I-Sieger aus dem Training von Savujev und zweimal Pferd des Jahres in Tschechien, der 10-jährige Shamalgan (Footstepsinthesand), dessen bisherige Karriere noch turbulenter verlief. Im Besitz des Filmproduzenten Ardak Amirkulov gewann er das Darley Oettingen-Rennen in Iffezheim und wurde Dritter im Poule d’Essai des Poulains. Amirkulov hatte ihn später nach Frankreich verkauft und dann wieder zurück erworben. Shamalgan hat wieder in seinen Farben das Premio Vittorio di Capua (Gr. I) gewonnen und beendete seine Rennlaufbahn. Amirkulov war aber mit der Zahl der Stuten, die er im Haras de Lion erhalten hatte, nicht zufrieden und Shamalgan kehrte neunjährig wieder ins Training zurück. In der Obhut von Artur Resulov konnte er mit starkem Speed den Großen Preis von Prag für sich entscheiden und versucht es jetzt beim zweiten Anlauf wieder in der Zucht.

In Napajedla steht sein rechter Bruder Chardonney Tcheque (One Cool Cat), Dauerchampion der tschechischen Meiler in den letzten Jahren. Die Karriere des 17maligen Siegers verlief weitgehend in zwei Ländern. Zuhause gewann er so gut wie alles mit einer einzigen Ausnahme, dem Großen Preis von Prag. Seine zweite Lieblingsdestination war Mailand-San Siro, wo er dreijährig auf Listenebene siegreich war. Außer auf dem Meilenparkett schaffte durch seine Klasse und Beständigkeit, ab und zu auch auf anderen Distanzen mitzumischen, u.a. war er vierter im Prager Derby. Mit seiner Decktage von etwa 600 Euro dürfte der Hengst im Besitz des Jockey Club-Präsident Jirí Charvát durchaus auch unter kleineren Züchtern populär sein.

Der vom Gestüt Skrzice aus England geholte Sleeping Indian (Indian Ridge) kommt im Alter von 16 Jahren als einer von zwei in Tschechien stehenden Deckhengsten mit Blacktype-Nachkommen. Der Sieger in den Challenge Stakes (Gr. II), Hungerford Stakes (Gr. III) und vierter im Breeders’ Cup Mile gilt als Vater von frühreifen Pferden mit großer Speedleistung. Die meisten von seinen Nachkommen waren bereits zweijährig erfolgreich, unter ihnen die Gr. III-Sieger Night Carnation und Crazy Horse. Sleeping Indian deckt in Mähren für umgerechnet 700 Euro.

Unter den bereits erprobten Hengsten gibt es mehrere mit deutschem Hintergrund. Der von der Stiftung Gestüt Fährhof gezogene Gr. I-Sieger Zazou (Shamardal) war letztes Jahr der meistbeschäftigte Deckhengst im Lande, auch dieses Jahr steht er im Gestüt Krabcice unweit der deutschen Grenze für umgerechnet 900 Euro. Am selben Ort deckt auch ein weiterer Globetrotter im Besitz von Ramzan Kadyrov, der viermalige Gr.3-Sieger inkl. des Preises der Sparkassen-Finanzgruppe Mikhail Glinka (Galileo). Im mährischen Doubravy deckt für 500 Euro der Monsun-Sohn Rosensturm, der letztes Jahr durch die Zweite aus den Tschechischen Oaks Venillia und einige hoffnungsvollen Hindernispferden vertreten war. Noch ohne Decktaxe ist der dritte aus dem Deutschen St. Leger Brusco (Rock Of Gibraltar) angegeben, der bisher ohne große Resonanz in Nord-Böhmen stationiert war.

Martin Cáp, Prag

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